Eine Forschungsgruppe der Hochschule Osnabrück arbeitet in Kooperation mit dem Unternehmen Klasmann-Deilmann an einer Torfalternative auf der Basis von Rohrkolben. Im Rahmen des Modell- und Demonstrationsvorhaben „Nachhaltige Erzeugung und Verwertung für Rohrkolben auf Niedermoorstandorten in Niedersachsen“ (RoNNi) soll die Verwertung des nachwachsenden Rohstoffes bis zur Marktreife vorangetrieben werden.

Torf ist bislang der wichtigste Bestandteil von Blumenerden und Kultursubstraten im Gartenbau. Die Torfgewinnung aus trockengelegten Hochmooren geht allerdings mit erheblichen Kohlendioxid-Emissionen einher. Im Bestreben, internationale Klimaschutzziele zu erreichen, sollte daher auf die Verwendung von Torf verzichtet und sollten Moore renaturiert werden. Noch fehlt es allerdings an Alternativen, die den Torf in Bezug auf Menge, Qualität und Kosten vollständig ersetzen können. Rohrkolben aus wiedervernässten Niedermooren könnte als nachwachsender, heimischer Rohstoff zukünftig einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten. Allerdings sind noch zahlreiche verfahrenstechnische und pflanzenbauliche Fragen zu klären, bevor der Rohrkolben als Substratbestandteil in Töpfen und Blumenkästen Einzug hält.

Zur Gewinnung des Rohrkolbens werden zwei Arten der Sumpfpflanze (Typha latifolia und Typha angustifolia) auf zwei Modell- und Demonstrationsflächen des Verbundprojekts RoNNi angebaut. Die beiden Niedermoorstandorte unterscheiden sich in der Art der Vornutzung. Während die Fläche im Landkreis Cuxhaven bislang als Weideland diente, wurde die Fläche im Landkreis Emsland ackerbaulich genutzt. Dies kann für die spätere Verwertung des Materials eine wichtige Rolle spielen. Vorausgehende Untersuchungen zeigten bereits, dass z. B. der Salzgehalt im Rohrkolben erheblich in Abhängigkeit von Anbaustandort und Erntezeitpunkt variiert. Die Anzucht von Pflanzen erfordert ein möglichst salzarmes Substrat.

Gehäckseltes Material von Rohrkolbenpflanzen
Gehäckseltes Material von Rohrkolbenpflanzen© Hochschule Osnabrück
Für die Herstellung von Gartenbausubstraten müssen die faserreichen Stängel und Blätter des Rohrkolbens zunächst zerkleinert werden. Das Zerkleinern regt allerdings die mikrobielle Aktivität an und begünstigt die Festlegung von Pflanzennährstoffen, insbesondere von Stickstoff. Das Wachstum von Pflanzen in rohrkolbenhaltigen Substraten wird dadurch beeinträchtigt. Um dies zu verhindern, muss das Häckselgut zunächst „stabilisiert“ werden.


Kompostierung von Rohrkolbenhäckseln im Versuchsmaßstab in einer 1,8 m³ Kompostierungseinheit
Kompostierung von Rohrkolbenhäckseln im Versuchsmaßstab in einer 1,8 m³ Kompostierungseinheit© Hochschule Osnabrück
Klassische Verfahren zur großtechnischen Stabilisierung pflanzlicher Biomassen sind die Kompostierung und Silierung. Erste Untersuchungen, inwiefern sich diese Verfahren auch bei dem Rohrkolben nutzen lassen, sind an der Hochschule Osnabrück gestartet. Die hier im Modellmaßstab gewonnenen, grundlegenden Erkenntnisse sollen ab 2027 im Rahmen des RoNNi-Projektes bis zur Entwicklung industriell nutzbarer Technologien und marktreifer Produkte vorangetrieben werden. Neben der Produktqualität ist auch die Wirtschaftlichkeit der Rohrkolbenverwertung zu evaluieren und mit anderen alternativen Ausgangsstoffen zu vergleichen.

Anbautests mit Petunien im Versuchsbetrieb der Hochschule Osnabrück
Anbautests mit Petunien im Versuchsbetrieb der Hochschule Osnabrück© Hochschule Osnabrück
Parallel zu umfangreichen Laboruntersuchungen sind eine Vielzahl an Anbauversuchen mit unterschiedlichen Pflanzenarten wie z. B. Zierpflanzen und Baumschulgehölzen geplant, sowohl im Versuchsbetrieb der Hochschule Osnabrück als auch in Gartenbaubetrieben. Dabei werden auch notwendige Anpassungen in der Bewässerung und Düngung geprüft. Die pflanzenbaulichen Untersuchungen sollen Aufschluss darüber geben, in welchen Anwendungsfeldern Rohrkolben als nachhaltiges Ausgangsmaterial für torffreie Blumenerden und Kultursubstrate genutzt werden kann.

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Weitere Informationen zum MuD-Vorhaben erhalten Sie unter www.3-n.info sowie unter www.paludikultur-niedersachsen.de.