Industrieabwässer, die in großen Mengen und mit Anteilen an vergärbaren, organischen Bestandteilen anfallen, beinhalten ein großes Potenzial für die Biogasproduktion. Allerdings ist das Aufheizen großer Volumenströme von nahezu Umgebungstemperatur auf Betriebstemperaturen, die für mesophile Bakterienstämme üblich sind, aus energetischer und wirtschaftlicher Sicht nicht praktikabel.
Um bisher ungenutzte Industrieabwässer dennoch vergären zu können, haben die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) und die aixprocess GmbH, Aachen, sowie weitere sieben Projektpartner aus Großbritannien, Irland, Dänemark und Schweden im Verbundforschungsvorhaben AmbiGas Technologien und Prozesse entwickelt, die die geringeren bakteriellen Umsetzungsraten bei niedrigen Temperaturen kompensieren und gleichzeitig hohe Prozessvolumenströme verarbeiten können.
An der RWTH Aachen wurde ein neuartiger Aufbereitungsprozess für Biogas auf der Basis von Membrankontaktorsystemen erarbeitet. Mit dem Verfahren konnte während der Absorption eine fast vollständige Abtrennung von CO2 aus dem Rohgas erzielt werden. Für einen kontinuierlichen Anlagenbetrieb muss zukünftig noch der Abscheidegrad der Desorption verbessert werden. Ein Verfahren zur Rückgewinnung des in der Fermentationsflüssigkeit gelösten Methans hat die RWTH Aachen erfolgreich mit einer Laboranlage getestet. Mit Membran-Modulen konnte eine vollständige Abtrennung des Methans bei Umgebungstemperatur nachgewiesen werden.
Die aixprocess GmbH hat ein allgemeines Prozessfließbild erarbeitet, das die verfahrenstechnisch erforderlichen Komponenten für die Biogasproduktion aus industriellen Abwässern inklusive aller benötigten Hilfsaggregate berücksichtigt. Darauf aufbauend wurde ein flexibles Prozessmodell für Biogasprozesse entwickelt, das künftig von Biogaserzeugern bzw. Dienstleistern im Bereich der Biogaserzeugung zur Auslegung und Optimierung von Prozessen sowie zur Entwicklung von Regelungskonzepten genutzt werden kann.
Mit dem Verbundprojekt AmbiGas wurden Fortschritte in der Nutzung acetogener Bakterienstämme gemacht und Technologien und Verfahren für eine innovative Reaktortechnik entwickelt, die einen erfolgreichen und energetisch effizienten Abbauprozess von organischer Substanz zu Biogas auch im Temperaturbereich von 12 bis 25°C aussichtsreich erscheinen lassen. Die Ergebnisse des Projekts können damit dazu beitragen, die Biogasausbeute zu verbessern und unkontrollierte Emissionen in die Umwelt zu minimieren. Im Sinne des Umweltschutzes und zum Ausbau der erneuerbaren Energien können auf Grundlage der Projektergebnisse neue, zusätzliche Anwendungsfelder für die anaerobe Vergärung bei der Abwasserbehandlung im industriellen und kommunalen Bereich erschlossen werden.
Das Verbundforschungsvorhaben AmbiGAS wurde im Rahmen des 6th ERA-NET Bioenergy Joint Call gefördert. Die Mitwirkung der deutschen Partner im internationalen Forschungskonsortium wurde mit finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ermöglicht. Ziel des Projektes war es, übertragbare Prozessschemata, Auslegungsrichtlinien und Betriebsanleitungen für eine Biogaserzeugung aus niedrig beladenen Industrieabwässern zu entwickeln und im Labor- und Pilotmaßstab zu testen.
Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. vom 16. November 2017