Eigentlich ist es ja eine naheliegende Idee: Die Kommune muss die Bäume und Sträucher an ihren Gemeindestraßen in dem vorgeschriebenen Profil halten und verwendet den Baumschnitt zum Beheizen ihrer Gebäude. Die Gemeinde Uplengen im Landkreis Leer hat diese Idee nun zum zweiten Mal umgesetzt und beheizt seit April 2018 einen Verbund öffentlicher Gebäude aus einem neu errichteten kleinen Heizwerk. Die 450 km langen Wallhecken und Straßenbäume in der Gemeinde bieten dabei ein Holzpotenzial, das deutlich größer ist als der Brennstoffbedarf der öffentlichen Gebäude. In einer Holzheizanlage, die seit 2010 einen Kindergarten versorgt, hat die Gemeinde bereits gute Erfahrungen mit diesem Brennstoff gemacht.
Wallhecken sind ein Bestandteil der ostfriesischen Kulturlandschaft, deren Ursprung über 1000 Jahre zurückreicht. Sie prägen die Landschaft, schützen vor Winderosion, bedeuten Grenzmarkierungen, sind Lebensraum, Zufluchtsort und Nahrungsquelle verschiedenster Tierarten. Wallhecken dienten anfangs zur Einfriedung der Gehöfte und Gärten als Abwehr gegen das Vieh auf der Allmende, später erst als Abgrenzung der Flächen zueinander, als Windschutz und Holzlieferant. Die Pflege von Hecken zum Landschafts- und Naturschutz erfordert alle 8 bis 12 Jahre einen Schnitt der Gehölze und ggf. das Entfernen von Bäumen. Die anfallenden Holzreste werden in der Regel nicht mehr als Brennmaterial genutzt – teilweise verbleibt das Material auch auf den Flächen oder es wird in Osterfeuern entsorgt.
Die Gewinnung von Energieholz aus Wallhecken und die kostendeckende Beheizung von Gebäuden damit standen im Mittelpunkt einer Praxisstudie, die 3N in einem deutsch-niederländischen Projekt erstellt hat. Der Ansatz zur naturschutzverträglichen Heckenbewirtschaftung geht davon aus, dass jährlich 10 % des Bestands gepflegt werden und dabei 10 % der Masse entnommen werden. Es wird also nur 1 % des Bestands pro Jahr verwendet. In dem Untersuchungsgebiet auf deutscher Seite lag die Erntemenge bei 9,4 - 11,4 m³/a je 100 m Hecke, am niederländischen Standort wurden aufgrund anderer Bedingungen nur 4,1 - 6,4 m³/a erreicht.
Das Beispielobjekt zur Holznutzung war auf deutscher Seite der Wärmeverbund rund um’s Uplengener Rathaus, der bislang aus drei weiteren kommunalen Gebäuden besteht. Hierfür ist ein Wärmenetz von 160 m erforderlich, das zwischen den Gebäuden verlegt werden konnte. Als Standort der neuen Heizzentrale bot sich eine benachbarte Halle an, die bisher als Lagerraum diente. Sie bietet nun ein Hackschnitzellager mit einem Volumen von rd. 100 m³, das ein Viertel des Jahresbedarfs aufnimmt. Ein dreizügiger Schubboden bringt den Brennstoff zur Querförderschnecke, die einen Holzkessel mit 333 kW Wärmeleistung versorgt. All das stellt etablierte Technik dar, wie man sie mittlerweile auch im Norden häufiger findet. So weist die jährlich von 3N herausgegebene Niedersächsische Feuerstättenzählung 4.341 Hackschnitzelkessel mit einer Leistung von max. 1.000 kW aus.
Nach Erweiterung des Wärmenetzes um die angrenzende Oberschule soll ein zweiter Kessel gleicher Leistung ergänzt werden. Zwei Pufferspeicher á 5.000 l gleichen Lastschwankungen aus und ermöglichen einen gleichmäßigeren Kesselbetrieb. Dies ist hier besonders wichtig, weil der Holzkessel die alleinige Wärmequelle darstellt und auch Schwachlastphasen abdecken muss. Die Leistung kann zwar modulierend auf ein Viertel reduziert werden, dies sollte wegen erhöhtem Verschleiss und erhöhter Emissionen jedoch möglichst vermieden werden. Der Kessel wird ergänzt um einen Elektrofilter, der die Staubemissionen weit unter den gesetzlichen Grenzwerten hält.
Bisher nutzt die Gemeinde Hackschnitzel, die in den vergangenen Jahren erzeugt wurden. Nachdem sie ein Jahr lang unter einem Vlies im Freien lagen, weisen sie nach der anschließenden Lagerung unter Dach einen Wassergehalt von ca. 20 % auf. Ein Absieben des Feinanteils war allerdings erforderlich. Alle Schritte werden vom Bauhof der Gemeinde ausgeführt, so dass die Brennstoffqualität immer im Blick gehalten werden kann.
3N konnte auch bei der Beschaffung von Fördermitteln helfen und erstellte eine Vorhabensbeschreibung für ein Programm der landeseigenen niedersächsischen NBank, das in einem Wettbewerbsverfahren einen Zuschuss von 50 % der Investition bewilligte. Voraussetzung war die Kombination der neuen Energieerzeugung mit der Senkung des Energieverbrauchs durch Dachdämmung und Fenstererneuerung. Auch an die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen wurde gedacht, aufgrund der räumlichen Möglichkeiten ist die Photovoltaikanlage aber auf 9 kW begrenzt. Die Summe der Maßnahmen führt zu einer Senkung der CO2-Emissionen um 81 %.