Forscher der Universität Ulm und der Georg-August-Universität Göttingen haben in einem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Verbundvorhaben gezeigt, dass sich Zuckerrübensilage für eine bedarfsgerechte Biogasproduktion eignet und dadurch Mehrerlöse generiert werden können. Darüber hinaus konnten Handlungsempfehlungen für ein flexibles Fütterungsmanagement und die damit verbundene Strom- und Gasproduktion abgeleitet werden.
Die Umstellung von grundlastbetriebenen Biogasanlagen auf eine flexible Fahrweise erfordert in der Regel relativ hohe Investitionen in die Anlagen, z.B. für zusätzliche BHKW-, Gasspeicher- oder Wärmekapazitäten. Die flexible Stromerzeugung, d.h. der zeitlich gezielte Betrieb des BHKW, muss jedoch nicht ausschließlich über die Gasspeicherung erfolgen. Eine Alternative zum zusätzlichen Gasspeicher bietet die Flexibilisierung der Biogaserzeugung. Dass sich die Biogasproduktion zeitlich beeinflussen lässt, zeigten nun Forscher in dem Verbundvorhaben „Verfahrenstechnische, enzymatische und genomische Charakterisierung einer flexiblen Biogasproduktion mit gezieltem Einsatz von Zuckerrüben – FLEXIZUCKER“.
Das Ziel des Verbundvorhabens bestand in der bedarfsgerechten Methanproduktion durch eine gezielte Zufuhr von Zuckerrübensilage. Um einen schnellen, zeitlich vorhersehbaren und gleichzeitig stabilen Biogasprozess zu erreichen, wurden mittels kontinuierlicher Gärversuche im Labormaßstab verfahrenstechnische und enzymatische Aspekte bei stoßweisem Einsatz von Zuckerrüben untersucht. Maissilage diente dabei als Basissubstrat.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zuckerrübensilage zu einem raschen Umsatz der schnell verfügbaren Kohlenhydrate und einer unmittelbaren Methanproduktion führt. Somit eignet sich Zuckerrübensilage sehr gut als Spitzenlastsubstrat. Ein Mischungsverhältnis von 3:1 (Maissilage:Zuckerrübensilage auf oTS-Basis) lieferte die besten Ergebnisse. Allerdings können zu hohe Zuckerrübenanteile zu Prozessinstabilitäten führen. Für hohe spezifische Biogas- und Methanerträge und einen langfristig stabilen Biogasprozess soll der Anteil der Zuckerrübe an der Gesamtzufuhr basierend auf der organischen Substanz 25 % nicht übersteigen. Die Untersuchungen zeigten auch, dass der Biogasertrag signifikant gesteigert werden kann, wenn die Zuckerrübensilage nicht stündlich, sondern stoßweise in einer bzw. in zwei Portionen zugeführt wird. Der Methanmehrertrag lag dabei um bis zu 24 % höher verglichen mit der quasi-kontinuierlichen Fütterung. Außerdem ist bei stoßweiser Substratzugabe – insbesondere bei schnell umsetzbaren Substraten – eine intensivere Prozessüberwachung zu empfehlen.
Es erfolgten auch Untersuchungen zur Enzymaktivität mithilfe von Zellextrakten der Fermenterinhalte. Die Enzymaktivitäten spiegelten die Stoffwechselreaktionen der mikrobiellen Lebensgemeinschaften auf den Eintrag von Zuckerrübensilage in den Fermenter wider. Die Mikroorganismen reagierten auf jede stoßweise Zugabe von Zuckerrübensilage sofort, da die notwendigen Enzyme zu deren Verwertung ständig vorhanden sind und sich lediglich deren Umsatzgeschwindigkeit steigert. Es bestand jedoch kein direkter Zusammenhang zwischen den Aktivitäten der untersuchten Enzyme und den Methanproduktionsraten.
Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse zeigte, dass die Verwendung der Zuckerrübensilage für die bedarfsgerechte Biogaserzeugung Mehrerlöse generieren kann. Für die Wirtschaftlichkeitsanalyse wurden verschiedene Vergütungssätze und unterschiedliche Mischungen von Mais- und Zuckerrübensilage berücksichtigt. Es wurde deutlich, dass die mittlere tageszeitliche Preisspanne an der Strombörse alleine keinen wirtschaftlichen Betrieb der hier untersuchten flexibel geführten Biogasanlagen erlaubt und diese auf die staatliche Förderung über höhere Vergütungssätze angewiesen sind. Durch die höheren spezifischen Substratkosten ist der Einsatz der Zuckerrübe vor allem im Verhältnis von 3:1 (Maissilage: Zuckerrübensilage auf oTS-Basis), wirtschaftlich vorteilhaft. Darüber hinaus zeigte auch das Vorgängerprojekt "Optimierung der anaeroben Vergärung von Substratmischungen durch Zuckerrüben" (FKZ 22013511), dass die Zugabe von Zuckerrübensilage in den Fermenter den Abbau faserreicher Substrate wie Grassilage und Landschaftspflegegras fördert.
Die ausführlichen Handlungsempfehlungen der Verbundpartner sind im FLEXIZUCKER-Abschlussbericht der Universität Ulm ab S. 56 nachzulesen. Die Abschlussberichte sind in der Projektdatenbank der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) unter den Förderkennzeichen 22401616 und 22402115 verfügbar.
Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. vom 17. Juni 2021