Wissenschaftler züchten erstmals Mehrklonsorten der Hybridlärche, Douglasie und Aspe mit spezifischer Eignung für die reguläre Forstwirtschaft oder den Anbau auf zeitweilig nutzbaren Flächen
„Wenn wir den Klimawandel ernst nehmen, müssen wir jetzt anfangen, Optionen zu schaffen“ erklärt Koordinator Dr. Heino Wolf vom Staatsbetrieb Sachsenforst das Vorhaben energisch. „Unsere Bäume besitzen eine extrem hohe Leistungsfähigkeit, verfügen über eine gute Stammqualität und eine hohe Trockenhärte. Mit der hohen Leistungsfähigkeit reduziert sich die Umtriebszeit und damit das Kalamitätsrisiko. Gleichzeitig erhöht sich der Spielraum, um aufgrund der Klimaänderung in kürzeren Zeitabständen von einer Baumart auf eine andere wechseln zu können. Am wichtigsten im Hinblick auf den Klimawandel ist allerdings die hohe Trockenhärte der Bäume.“
Laut Experten stellt Trockenstress die bedeutendste Auswirkung des Klimawandels auf das Waldwachstum dar. „Wenn wir davon ausgehen, dass unsere heimischen Bäume aufgrund zu geringer Niederschlagsmengen zunehmend mit Trockenstress zu kämpfen haben werden, sichern Bäume mit hoher Trockenhärte langfristig das Überleben unserer Wälder und damit auch den Holzbedarf“ so Wolf weiter.
Im jetzt abgeschlossenen Verbundvorhaben „Entwicklung der biotechnologischen Grundlagen und praxisnaher Anbauverfahren zur Steigerung der Dendromasseproduktion durch Züchtung und Massenvermehrung ausgewählter Baumarten“ haben die Wissenschaftler des Instituts für angewandte Botanik der Humboldt-Universität Berlin gemeinsam mit den Praktikern des Staatsbetriebs Sachsenforst die Grundlagen für die Züchtung und Vermehrung von Hybridlärche, Douglasie und Aspe durch den Einsatz unterschiedlicher in vitro-Methoden geschaffen. Während Lärche und Douglasie durch somatische Embryogenese vermehrt wurden, wurde die Aspe mittels Mikrostecklingen vegetativ vermehrt, grob vergleichbar mit Ablegern, die man selbst aus einer Pflanze zieht. Nach der Akklimatisierung im Gewächshaus wurden die Jungpflanzen in der Forst-Baumschule weiter abgehärtet und in Containern bis zu einer Mindestgröße kultiviert. Nach dem Auspflanzen auf einer Freifläche wurde geprüft, ob sie den Gegebenheiten im echten Leben standhalten können. „Hier haben wir mit einer Akklimatisierungsquote von über 90 Prozent hervorragende Ergebnisse bei der Hybridlärche und Aspe erzielt. Bei der Douglasie ist die Quote noch deutlich niedriger, aber auch da sind wir auf einem guten Weg, sie ebenfalls zu optimieren“, erklärt Wolf.
Die Wirtschaftlichkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse in die Praxis stehen im Mittelpunkt des noch bis Oktober 2018 laufenden Folgevorhabens „Entwicklung und Einführung von biotechnologischen Verfahren zur Züchtung, Produktion und Verwendung von Hochleistungssorten ausgewählter Baumarten“. Ziel der Verbundpartner ist es, eine praxistaugliche Prozesskette für die klonale Massenvermehrung von Hybridlärche, Douglasie und Aspe zu entwickeln. „Mit dem Aufbau eines standardisierten Systems schaffen wir die Grundlage für die effiziente vegetative Vermehrung der genannten Baumarten. Dieses Wissen soll es später zum Beispiel Baumschulen ermöglichen, die Pflanzen selbst zu erzeugen“ erklärt Dr. María del Carmen Dacasa Rüdinger, Mitarbeiterin im Referat Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung bei Sachsenforst.
Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. Bei einer kurzen Umtriebszeit von 20 Jahren – im Vergleich zu Umtriebszeiten von zum Beispiel 80 bis 120 Jahren bei der Fichte – lohnt sich der Anbau der Sorten auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Neben einer hohen Qualität ist auch die Ausbeute beeindruckend. So bringt die Hybridlärche ersten Ergebnissen zufolge bis zu 80 Prozent mehr Ertrag. In Bezug auf die Vermarktung und die Akzeptanz am Markt sagt Wolf: „Wir bohren weiterhin sehr dicke Bretter – buchstäblich.“
Weitere Informationen zum abgeschlossenen Vorhaben finden Sie in der FNR-Projektdatenbank unter den Förderkennzeichen 22017009 und 22032011. Die Vorhaben des laufenden Verbundvorhabens finden Sie unter den Förderkennzeichen 220384814 und 22034914.
Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. vom 27. Februar 2017