Die Universität Göttingen und die induo Systemholztechnik GmbH wollen eine Alternative zu den heute vielfach verwendeten Rundholzmasten weiterentwickeln und setzen dazu auf Furnierschichtholz. Die neuen Masten sollen Material, Gewicht und Kosten sparen und gleichzeitig längere Standzeiten ermöglichen.
In Deutschland tragen Millionen massiver Kiefern- und Fichtenholz-Masten Strom- und Telefonleitungen. Mehrere 100.000 der hölzernen Masten müssen jedes Jahr ersetzt werden. Dabei ist die Beschaffung der Stämme nicht einfach: Sie müssen auf einer Länge von über 12 Metern sehr homogen sein. Auch ist die Ernte mit herkömmlichen vollautomatischen Harvestern besonders bei der höherwertigen Kiefer aus Qualitätsgründen meist nicht möglich. Die Details regelt die DIN EN 14229 „Holzbauwerke - Holzmaste für Freileitungen“.
Aktuell schafft der Netzausbau für die Energiewende neue Herausforderungen: Aufgrund der steigenden dezentralen Einspeisung erneuerbarer Strommengen müssen die Freileitungen größer dimensioniert sein und die Masten mehr Lasten aufnehmen. Zudem stoßen die klassischen Rundholzmasten auch durch sich dank der Klimaveränderungen verschärfender Witterungseinflüsse, Eis- und Windlasten schnell an ihre Grenzen.
Im Fokus der Netzbetreiber und Eigentümer von Strom- und Telekommunikationsnetzen stehen vor allem ökologische, aber auch wartungsarme und insbesondere langlebige Produkte. Die Verwendung von Rundholzmasten in Kombination mit modernen und immer umweltfreundlicheren Imprägniermitteln stellt die Forschung vor neue Herausforderungen, da frühere Standzeiten von Masten häufig nicht mehr erreicht werden.
Der Ansatz der Forscher sieht vor, Masten aus Furnierschichtholz (engl.: Laminated Veneer Lumber; LVL) herzustellen. Insbesondere das erst seit wenigen Jahren auf dem Markt erhältliche Buchen-LVL scheint hier aussichtsreich: Seine Eigenschaften lassen erwarten, dass daraus gefertigte Masten alle statischen Anforderungen erfüllen und in punkto Lastaufnahme ähnliche Werte wie Stahl- oder Betonmasten erreichen. Zudem können LVL erhebliche Material-, Gewichts- und Kosteneinsparungen erzielen. Schätzungen gehen von einem um bis zu 50 Prozent geringeren Rohstoffbedarf aus.
Die Buchenholzfurniere sollen vor der Verleimung mit Phenol-Formaldehydharzen so modifiziert werden, dass die Masten gegen einen Befall durch holzzerstörende Pilze geschützt sind. Eine der Aufgaben für die Wissenschaftler besteht darin, für die Modifizierung geeignete Phenole zu ermitteln.
Parallel entwickelt das Projektteam auch optimierte Furnierschichtholz-Masten aus Nadelholz. Der Projektpartner induo Systemholztechnik produziert und liefert bereits Furnierschichtholzmasten aus Nadelholz, welche derzeit schon umfangreich im Markt verwendet werden. Durch die Weiterentwicklung der derzeit aufwändigen Furnierschichtung und Imprägnierung werden materialoptimierte Mastenkonstruktionen und damit deutlich verlängerte Standzeiten ermöglicht.
Nach der Ermittlung der optimalen Verfahren zur Modifizierung und Imprägnierung des LVL aus Laubholz bzw. Nadelholz ist eine Herstellung der Materialien im Labormaßstab geplant. Danach stehen die Charakterisierung und die statisch-konstruktive Auslegung der Mastsysteme und zugehöriger Gründungen auf der Agenda. Zum Projektende sollen schließlich Prototypen auf einer Teststrecke im Maßstab 1:1 gebaut und geprüft werden.
Ein ergänzendes Arbeitspaket widmet sich der Frage, wie eine serielle Herstellung der neuen Masten im industriellen Maßstab aussehen könnte und welche Optionen der Wiederverwendung und Entsorgung bestehen.
Potenziell verbinden sich mit den neuen Masten viele Vorteile. Dazu gehören längere Standzeiten von bis zu 50 Jahren, die Einsparung von Rohstoffen, Gewicht und Kosten und nicht zuletzt eine Nutzungsoption für Laubholz, das aufgrund des Waldumbaus vermehrt zur Verfügung steht.
Der Industriepartner induo liefert seit Jahren Rundholzmasten an Energieversorger. Dank seiner Beteiligung am Vorhaben stehen die Chancen für eine Markteinführung der innovativen neuen LVL-Masten sehr gut.
Über Furnierschichtholz (LVL):LVL besteht aus mehreren Lagen faserparallel orientierter, miteinander verleimter Furniere. Dadurch bleibt das günstige Verhältnis von Festigkeit zum Gewicht des Holzes erhalten. Im Vergleich zum Massivholz ist LVL hinsichtlich seiner Festigkeitseigenschaften deutlich homogener. Die Abmessungen von Furnierschichtholz sind allein durch die Herstellungs-Anlagen begrenzt. LVL ist insgesamt hochwertiger und teurer als andere, übliche plattenförmige Holzwerkstoffe wie Span- und Faserplatten und wird daher in technologisch besonders anspruchsvollen Bereichen eingesetzt.
Bislang gibt es weltweit nur ein LVL-Produkt aus Buche, das bauaufsichtlich zugelassen ist, sich aufgrund mangelnder Dauerhaftigkeit aber nur für den Innenbereich eignet. Im Vorhaben soll die Anpassung dieses Produktes an den Außenbereich erfolgen.
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Weitere Informationen stehen auf fnr.de unter den Förderkennzeichen 22014315 und 22024516 zur Verfügung.
Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. vom 13. März 2017