Betreiber von Biogasanlagen informieren sich über Reinigung von Oberflächenwasser durch Einsatz von Algen
Auf der Biogasanlage der Agrarenergie Oberhausen in Mengebostel stellt Betreiber Hennig Wrigge auf dem 9. Niedersächsischen Algenstammtisch nicht nur die Anlage vor, sondern schildert eindrucksvoll das drängende Problem, das über 9.500 Biogasbetriebe in Deutschland immer stärker beschäftigt: die Lagerung und Ausbringung des zu sammelnden Regenwassers auf Siloflächen und Fahrwegen sprengt alle Kapazitäten. Dieses Oberflächenwasser enthält zu viele Nährstoffe, als dass es einfach so eingeleitet werden könnte, gilt aber auch nicht als Dünger.
Sascha Hermus vom 3N Kompetenzzentrum des Niedersachsen Netzwerks Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e.V. – kurz 3N – leitet dann vor Biogasanlagenbetreibern, Wissenschaftlern, Fachfirmen und Behörden von der Problemstellung auf den wissenschaftlich-praktischen Teil bei diesem Treffen über und stellt den Photobioreaktor der Firma LGemvor. Dieser und ein zweiter mobiler Photobioreaktor der Firma Limnosystem waren zuvorbereits über 2 Monate in unterschiedlichen Versuchsreihen in der Region im Einsatz. 3N begleitet die Versuche ebenso wie die Universtät Kiel, deren beteiligte Mitarbeiter ebenfalls am Stammtisch teilnehmen.
Mit dem schon länger auf der Anlage in Mengebostel zur Algenproduktion installierten Röhrenreaktor der Firma LGem, der mit einem Fassungsvermögen von 800 l Wasser in den letzten Wochen mit der Blaualge Spirulina besetzt wurde, soll nun untersucht werden, bis zu welchem Grad die auf dem Gelände jährlich anfallenden 2.000 m³ Oberflächenwasser von Nährstoffen gereinigt werden können.
Der zweite gezeigte und mobile Bioreaktor der Firma Limnosystem wurde mit einem speziell auf Sedimentation selektiertem Mikroalgenmix bestückt. So wird das Trennen der Biomasse von dem gereinigten Wasser erheblich erleichtert. „Die Algenproduktion gilt als positiver Nebeneffekt der Abwasserreinigung“, erklärt Sascha Hermus die Gewichtung der Versuchsreihen und unterstreicht dabei, dass die Vermarktungswege der produzierten Algenbiomasse noch zu eruieren wären. Ob die Algen als Tierfutter oder gar als Rohstoff für die Kosmetikindustrie vermarktet werden können, hängt von den erfüllbaren Qualitätsstandards ab. Die potentiellen Verfahren und Kosten der Ernte der Algen aus dem Abwasser sind weitere offene Punkte in der Rentabilitätsfrage einer Algenproduktion.
Wieviele Nährstoffe tatsächlich aus dem Abwasser herausgefiltert werden können, ist eine aktuell zu untersuchende Fragestellung in, die in diesem Fall vorrangig aus dem Interreg NSR-Projekt BioCas unterstützt wird, bei dem der Heidekreis und 3N Projektpartner sind. Weitere Versuchsläufe sind hieraus auch ins kommende Jahr hinein noch möglich. Wie die anfallende Wärme aus dem Produktionsprozess sinnvoll genutzt werden kann, ohne die Bedingungen für die Algenproduktion zu beeinträchtigen, wird sich in den längerfristig angesetzten Versuchsläufen in den kälteren Monaten zeigen.
Nach dem Ortswechsel des Stammtischs in das Hotel Deutsches Haus in Dorfmark fasst Hermus die Informationen aus dem praktischen Teil zusammen: „Noch stehen wir ganz am Anfang. Mit der Algenproduktion können Betreiber von Biogasanlagen verschiedene Synergien nutzen. Das könnte eine besonders interessante Option für Anlagen werden, die keine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz mehr bekommen“, so Hermus. Neben den Fördermöglichkeiten für Versuche aus BioCas stehen 3N als Projektkoordinator ab 2020 Fördergelder aus dem Projekt BamS – Bioökonomie auf maritimen Standorten – weitere Mittel zur Verfügung, wenn bspw. wässrige Reststoffströme auf Biogasanlagen mit Algen behandelt werden sollen.
Im Anschluss an den informativen Teil hatten die Teilnehmer des Stammtischs Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und sich mit den Akteuren ausgiebig auszutauschen. Informationen hierzu gibt es für Interessierte im 3N-Büro Heidekreis unter Tel. 05162 8850-474 oder Bitte Javascript aktivieren! und Bitte Javascript aktivieren!.