Forscher erarbeiten Handlungsempfehlungen vor dem Hintergrund der aktuellen Dünge-Verordnung
In drei neuen Forschungsprojekten wollen Forscher/-innen bislang fehlendes Wissen zur optimalen Anwendung von Gärrest-Düngern bereitstellen. Ziel ist es, die Gärreste als wertvolle Nährstofflieferanten emissionsarm, effizient und wirtschaftlich einzusetzen. Dazu werden auch überregionale Ansätze untersucht. Düngeversuche sind in den Kulturen Mais, Durchwachsene Silphie, Wildpflanzen, Kartoffeln und Zuckerrüben geplant. Alle drei Vorhaben werden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.
Die Anforderungen an das Gärrest-Handling steigen durch strengere Vorgaben beim Emissions-, Gewässer- und Klimaschutz, etwa im Zuge der neuen Dünge-Verordnung. Gleichzeitig stellen Gärreste einen wertvollen Dünger dar. Ihr Einsatz bietet sich insbesondere in Regionen mit wenig Tierhaltung an und kann dort Mineraldünger ersetzen – ein Potenzial, das bislang nicht voll ausgeschöpft wird. In diesem Spannungsfeld bewegen sich die drei jetzt gestarteten Projekte. Die Forscher wollen Landwirte, Berater und weitere betroffene Akteure bei der Aufbereitung und emissionsarmen Anwendung von Gärrest-Düngern mit konkreten Handlungsanweisungen unterstützen. Es geht aber auch darum, die Rolle von Biogasanlagen als Systemdienstleister für Nähr- und Reststoffmanagement und Klimaschutz zu stärken. Die sich dadurch womöglich ergebenden wirtschaftlichen Perspektiven könnten viele Anlagen nach dem Auslaufen der EEG-Vergütung gut gebrauchen.
Im Vorhaben NAEHRWERT bewerten das Deutsche Biomasseforschungszentrum, die FH Münster und das 3N-Kompetenzzentrum systematisch etablierte und neue Verfahren zur Gärrestaufbereitung hinsichtlich Kosten und Machbarkeit.
Das Thünen-Institut und das Julius-Kühn-Institut analysieren im Vorhaben RESOURCE verschiedene Düngungsstrategien in gärrestaufnehmenden und –abgebenden Regionen bezüglich ihrer Stickstoff(N)-Effizienz, der gasförmigen N-Emissionen (Lachgas und Ammoniak) sowie der Nitratauswaschung. Dabei erfassen die Wissenschaftler erstmalig sämtliche N-Emissionspfade in dieser eingehenden Form.
Im Projekt SiGaer ermittelt das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), wie man die Durchwachsene Silphie bedarfsgerecht mit Gärresten düngt.
Die Projekte im Einzelnen: Projekte
Ansprechpartner zu den Teilvorhaben stehen auf www.fnr.de/projektfoerderung unter folgenden Förderkennzeichen (FKZ) zur Verfügung:
Technisch unterstütztes Nährstoffmanagement im Verbund mit Biogasanlagen und Anbauregionen (NAEHRWERT)
Teilvorhaben 1: Bewertung und Optimierung der Prozessketten -
DBFZ Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH
FKZ 2220NR255A - https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220NR255A
Teilvorhaben 2: Praxisvergleich verschiedener Aufbereitungstechniken –
FH Münster
FKZ 2220NR255B - https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220NR255B
Teilvorhaben 3: Innovative Techniken und Gärproduktnutzung
3N-Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe e.V.
FKZ 2220NR255C - https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220NR255C
Gärreststrategien zur Optimierung von Nährstoffeffizienz, Wasser- und Klimaschutz im Pflanzenanbau (RESOURCE)
Teilvorhaben 1: Exaktversuchsanlage zur Ableitung optimierter ackerbaulicher Maßnahmen in Marktfrucht- und Nährstoffüberschussregionen -
Julius Kühn-Institut Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI)
FKZ 2220NR018A - https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220NR018A
Teilvorhaben 2: Modellierung und Praxisversuchsanlage zur Ableitung optimierter ackerbaulicher Maßnahmen in Marktfrucht- und Nährstoffüberschussregionen -
Johann Heinrich von Thünen-Institut Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei
FKZ 2220NR018B - https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220NR018B
Nachhaltige Verwertung von Gärresten in Beständen mit Durchwachsener Silphie (Silphium perfoliatum L.) (SiGaer)
Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg
FKZ 2220NR086X - https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=2220NR086X
Hintergrund:
Die 2020 novellierte Düngeverordnung enthält strengere Anforderungen zur Vermeidung von Nährstoffüberschüssen, die sich mit Inkrafttreten der Regeln in den besonders nitratbelasteten „Roten Gebieten“ zum 1.1.2021 noch weiter verschärft haben. Davon betroffen sind auch die derzeit ca. 9.000 Biogasanlagen in Deutschland mit ihrer Gärrestproduktion in Höhe von etwa 82 Mio. Tonnen jährlich. Diese Gärreste werden bislang fast ausschließlich als Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht. Ihr bedarfsgerechte Einsatz und die sinnvolle Verwertung überschüssiger Gärreste und der in ihnen enthaltenen Nährstoffe stellen somit für Pflanzenbau- und Biogasbetriebe wichtige aktuelle Themen dar. Gleichzeitig liegen in Marktfruchtregionen Defizite bei Nährstoffen wie Phosphor vor.
Steigende Anforderungen im Gewässerschutz und Nährstoffüberschüsse in Veredelungs- und Nährstoffmangel in Ackerbauregionen sind schon länger ein Thema. Das BMEL veröffentlichte deshalb bereits 2018 den Förderaufruf „Nachhaltige Aufbereitung und Verwertung von Gärrückständen“. Die jetzt gestarteten Projekte NAEHRWERT und SiGaer werden im Rahmen dieses Aufrufs gefördert.
Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. vom 16. September 2021