HORTICERT startet erste reguläre Zertifizierungen noch in 2024
Vor dem Hintergrund der Torfminderungsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde das Zertifizierungssystem HORTICERT entwickelt (www.horticert.org/de). Es dient der Überprüfung ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeitsaspekte von Torfersatzstoffen für Gartenbausubstrate und Blumenerden auf nationaler und internationaler Ebene. Auch die Berechnung von Treibhausgasemissionen und die Rückverfolgung von Lieferketten sind mit HORTICERT möglich. Berücksichtigung finden zunächst die mengenmäßig relevantesten Torfersatzstoffe wie Grüngutkompost, Holzfasern, Rindenhumus und Kokosprodukte.
Die Entwicklung von HORTICERT wurde durch die Meo Carbon Solutions GmbH (MCS) im Auftrag des BMEL koordiniert. MCS beteiligte im Zuge eines umfassenden Stakeholder-Dialogs über 40 Projektpartner an der Ausarbeitung des Systems, das nun kurz vor der Praxisreife steht. Die ersten regulären Zertifizierungen sollen noch in diesem Jahr stattfinden.
HORTICERT berücksichtigt alle Lieferkettenschritte – von der Rohstoffgewinnung über die Weiterverarbeitung bis hin zur finalen Produktion von Blumenerden und Kultursubstraten. Insgesamt besuchte MCS im Rahmen der Pilottests über 20 Produktionsstätten in Indien, Sri Lanka, Deutschland und Belgien, um die verschiedenen Lieferketten besser zu verstehen und das Zertifizierungskonzept zu optimieren.
Unterschiedliche Risikolevels
Analysen zeigten, dass je nach Torfersatzstoff und Bezugsregion unterschiedliche Risikolevels gelten. Wo es hohe gesetzliche Standards und weit verbreitete Zertifizierungen gibt, reicht eine reduzierte Überprüfung der Nachhaltigkeitsanforderungen. Dies trifft zum Beispiel für Grüngutkompost und holzbasierte Produkte aus Deutschland und Belgien zu. Bei kokosbasierten Produkten z. B. aus Indien und Sri Lanka bestehen hingegen höhere soziale und ökologische Nachhaltigkeitsrisiken, hier ist eine intensivere Überprüfung erforderlich.
Auch im künftigen Regelbetrieb soll der erforderliche Umfang der Prüfung für die jeweils relevanten Torfersatzstoffe und Herkünfte vorab anhand einer Risikoanalyse ermittelt werden. Die Nachhaltigkeitsüberprüfungen, auch Audits genannt, führen dann unabhängige Zertifizierungsstellen nach den Regeln des Systems durch. Eine Audit-Checkliste und Systemdokumente sind Teil eines hierfür von MCS entwickelten Leitfadens.
Gutes Zeugnis für kokosbasierte Torfersatzstoffe
Die Berechnung der Treibhausgas(THG)-Emissionen verschiedener Torfersatzstoffe und fertiger Blumenerden und Substrate erfolgt anhand der Produktionsdaten der Pilotpartner. Die Ergebnisse bestätigten, dass Torfersatzstoffe und torffreie Erden im Vergleich zum aktuellen, torfbasierten Status-Quo deutlich geringere Emissionen aufweisen. Insbesondere zeigte sich, dass die Emissionen von kokosbasierten Produkten in der öffentlichen Wahrnehmung aufgrund der langen Transportwege häufig überschätzt werden. Zwar sind die Transportemissionen nicht zu vernachlässigen, jedoch schlagen sie geringer zu Buche als allgemein vermutet.
Ansätze zur Reduktion des Zertifizierungsaufwands
Mit HORTI-TRACE entwickelte MCS ein digitales System zur Rückverfolgung von Lieferketten. Künftig dient es dazu, Nachhaltigkeitsdaten der Produkte entlang internationaler Lieferketten digital weiterzuleiten. Für Unternehmen und Zertifizierungsstellen verringert sich so der Aufwand bei der Auditdurchführung und der Dokumentation, gleichzeitig garantiert das System eine hohe Datensicherheit.
Außerdem wurden Überschneidungen mit bestehenden Zertifizierungssystemen wie PEFC, FSC und SA8000 (Einhaltung von Menschenrechten) analysiert, um diese unter HORTICERT anerkennen zu können. Dies reduziert den Zertifizierungsaufwand für bereits anderweitig zertifizierte Unternehmen. Zusätzlich kann HORTICERT einen Beitrag zur Erfüllung der Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und der Verordnung der EU über entwaldungsfreie Lieferketten leisten.
Überführung in den Regelbetrieb
Aktuell läuft die bis 2025 vom BMEL unterstütze Phase der Überführung in den Regelbetrieb. Schon in 2024 stehen die ersten offiziellen Zertifizierungen an. HORTICERT befindet sich dazu bereits im Austausch mit interessierten Unternehmen. Parallel werden Anforderungen für weitere Torfersatzstoffe definiert und weitere Stakeholder integriert. Nach Projektende im Jahr 2025 soll HORTICERT schließlich als Zertifizierungssystem wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen und international anwendbar sein.
Quelle: Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. vom 26. Februar 2024