Vor einem Jahr Thal, vorgestern Ockensen; jederzeit kann es auch in anderen Orten passieren, die unterhalb von Berghängen gelegen sind, auf denen Ackerbau betrieben wird.
Nach den Starkregenfällen Ende Mai 2024 floss wieder viel Bodenmaterial aus Südniedersachsen durch Hannover. Das wird als "normal" angesehen, ließe sich aber durch Maßnahmen zum Erosionsschutz weitgehend verhindern! Durch Sturzfluten kommt es nicht nur zu hohen materiellen Schäden an Gebäuden und Infrastruktur, sondern dabei geht auch wertvoller Ackerboden mit Nährstoffen verloren!
In Schwiegershausen bei Osterode ist man sich der Gefahr von Sturzfluten bewusst: Bei den starken Niederschläge im Winter ist ein Regenrückhaltebecken weitgehend mit Bodenmaterial des benachbarten Hanges aufgefüllt und damit unbrauchbar geworden, solange es nicht geleert worden ist. Bedingt durch die Lage in einem Talkessel, in den vier Bäche von den umliegenden Hänge fließen, ist es in der Vergangenheit schon öfter zu zwar nur kurzen, aber totzdem schadensträchtigen Sturzfluten gekommen.
Regenrückhaltebecken: Durch Schlammeintrag aufgefüllt und unbrauchbar geworden.
Nun machen sich einige Menschen Gedanken, wie sich solche Ereignisse, mit denen im Zuge des Klimawandels immer häufiger zu rechnen ist, künftig verhindern oder zumindest abschwächen lassen.
Dieses Bild zeigt die Alternativen: Vom "sicheren" teilweise mit Bäumen bestandenen Dauergrünland (darunter auch Streuobstwiesen) über Getreidefelder und Brachland bis zum extrem gefährdeten kahlen Acker, der auch noch hangabwärts gepflügt wurde: Zur Minimierung von Erosionsschäden und Hochwassergefahren sollten Ackerflächen gerade in Hanglagen immer mit einer geschlossenen Pflanzen- oder zumindest Mulchdecke geschützt werden!
Der Schaffung einer dauerhafter Pflanzen- oder Mulchdecke, die über Zwischen- und Untersaaten (auch nach der Ernte im Hochsommer) zu erreichen ist und gleichzeitig den Humusaufbau fördert ist grundsätzlich möglich, erfordert aber eine grundlegende Umstellung der gewohnten ackerbaulichen Verfahren einschließlich neuer Maschinen. Dabei gilt es die jeweils betrieblich und standörtlich passende Methode durch Versuche (die auch mal scheitern können!) herauszufinden. Eine solche Umstellung braucht daher Zeit (und Geld: siehe unten!).
Technisch - nach genauer Planung - schnell umsetzbar (schwierig bei Pachtland!) und dann sofort wirksam ist dagegen die Anlage von kleinen, mit Gehölzen bepflanzbaren Wällen mehr oder weniger entlang der Höhenlinien. Das nennt man Agroforstwirtschaft in "Keyline Design". Am besten kombiniert man dieses mit den o.g. Maßnahmen zum Humusaufbau, die die Möglichkeiten der Versickerung und Wasserspeicherung verbessern. Jeder Tropfen Wasser, der nicht abläuft, sondern auf der Fläche versickert, bringt mehrfachen Nutzen: Er steht der Ackerkultur in Dürrezeiten zur Verfügung, er trägt nicht zu Schlammfluten der Unterlieger bei und er vermindert die Bildung von "Jahrhunderthochwassern") in weiter entfernten Gebieten, wie sie längeren großflächigen Niederschlägen immer häufiger auftreten (wie im Winter 2023/24 oder z.B. im Sommer 2002 und 2012 !) - Anstelle von Gehölzstreifen im Keyline-Design wären auch Grünlandstreifen hilfreich, z.B. in einer Fruchtfolge nach dem System Wandernde Wiese®.
Nicht nur bei steilen, sondern auch bei längeren flachen Hängen lassen sich Wassererosion und Überflutungen durch Anlage von kleinen Wällen mit Baumbepflanzungen (hier: Walnussbäume auf dem Rittergut Lucklum) weitestgehend vermeiden.
Zu den finanziellen Aspekten: In Thal waren es vielleicht 16 ha Ackerflächen mit jungen Maispflanzen, zwischen denen der Boden praktisch ungeschützt war und als Schlammlawine durch den Ort floss. Wenn dadurch acht Gebäude Schäden in Höhe von jeweils 10.000 € erlitten haben, hätte jeder Hektar etwa 5.000 € Schaden verursacht. Kosten gab es auch für den Feuerwehreinsatz die Reinigung von Straßen und Abflussgräben u.v.a.m.. Das ist mindestens das Fünffache dessen, was an Deckungsbetrag (Nettoertrag je ha und Jahr ) mit Mais erwirtschaftet werden kann, zumal der Acker auf der am stärksten erodierten Fläche neu bestellt werden musste! Auch wenn solche Ereignisse natürlich nicht jedes Jahr am selben Ort auftreten, könnte es volkswirtschaftlich und auch betriebswirtschaftlich (besonders für die Gebäudeversicherungsunternehmen) sinnvoller sein, Landwirte mit einigen Hundert Euro je ha und Jahr dabei zu unterstützen, in die oben beschriebenen Maßnahmen zu investieren. Längerfristig dürften sich die Investitionen dann für den landwirtschaftlichen Betrieb auch lohnen (durch verminderte Verluste bei Dürre und Starkregen, sowie Einsparungen u.a. beim Dünger und Treibstoff).
Gerade in Orten mit besonderer Sturzflutgefährdung wie in Schwiegershausen sollten sich Bürger, Verwaltungen und Landwirte im ureigensten Interesse zusammentun, um die lokalen Gefährdungs- und "Optimierungspotentiale" zu erfassen und Finanzierungsmodelle für die örtlich erforderlichen Bodenschutzmaßnahmen zu entwickeln.