In dem 251seitigen Projektabschlussbericht des Umweltbunddesamtes Veränderungen der Wasseraufnahme und -speicherung landwirtschaftlicher Böden und Auswirkungen auf das Überflutungsrisiko durch zunehmende Stark- und Dauerregenereignisse wird das Thema "Pflugsohle" nur einmal mit der lapidaren Bemerkung erwähnt: Bei der wendenden Bodenbearbeitung mit dem Pflug kann es im Bereich der Pflugsohle auch zu Bodenverdichtungen („Krumenbasisverdichtung“) kommen. Diese wirkt sich vor allem auf die Prozesse der Infiltration in den Unterboden und das Auftreten von Zwischenabfluss aus. Unterbodenverdichtungen sind im Gegensatz zu Krumenverdichtungen in der Regel irreversibel, so dass hier der Gefahrenabwehr und Vorsorge besondere Bedeutung zukommt.
Wenn man auf der Website der LWK Niedersachsen das Stichwort Pflugsohle in die Suche eingibt, werden fünf Seiten aufgelistet, von denen aber nur zwei in paar interessante Informationen dazu enthalten, die andeuten, dass eine pfluglose Wirtschaftsweise naturgemäß eine Pflugsohle verhindern und sogar wieder rückgängig machen kann:
- Der Boden bringts - Alte Potentiale neu entdeckt! Bei der Umstellung von Pflug auf dauerhafte Mulchsaat oder Direktsaat sollte sich der Boden in einem guten Zustand befinden. Es dürfen keine Verdichtungsschäden vorhanden sein. Diese sollten durch Zwischenfrüchte oder durch Tiefenlockerung in Kombination mit Zwischenfrüchten beseitigt werden.
- Oberflächengewässer schützen - Ein Feldbegang zeigt Praxisbeispiele : Anhand verschiedener Unterlagen zur einfachen Bodenansprache und des auf dem seit ca. 20 Jahren pfluglos bewirtschafteten Acker angelegten Bodenprofils wies Frau Senger auf die Vorteile für den Boden hin. Die hohe Anzahl an Regenwürmern und Regenwurmgänge sind Indikatoren dafür, dass sich sowohl die Bodenstruktur als auch das Infiltrationsvermögen durch die konservierende Bodenbearbeitung optimieren lässt. Allerdings wies Frau Senger darauf hin, dass es Zeit braucht, bis sich das System Boden auf die neue Bewirtschaftungsweise einstellt. Denn selbst bei diesem Acker, der seit 20 Jahren pfluglos bewirtschaftet wird, lässt sich, auch wenn nur leicht, die Pflugsohle noch erkennen.
Frese und Altemüller (daraus Foto oben) schrieben schon 1962 (!): Das Problem der Bodenverdichtung unter der Bearbeitungsgrenze in Ackerböden ist schon lange Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen, praktischen Versuchen und Diskussionen.
Dabei wurde immer wieder auch auf eine verdichtende Wirkung der Pflugarbeit selbst aufmerksam gemacht, die sich besonders bei ständig gleichbleibender Bearbeitungstiefe nachteilig bemerkbar macht. Angesichts den in den letzten 60 Jahren wesentlich schwerer gewordenen Maschinen kann das Problem trotz breiterer Reifen nicht geringer geworden sein.
Die dramatischen Folgen der Pflugsohlenbildung gerade an Hängen und bei Starkregen wurden vor 15 Jahren in Belgien untersucht: Einleitend heißt es bei Verbist et al. (2007), dass durch diese Bodenverdichtung besonders die für den Wasserabfluss in den Unterboden wichtigen Grobporen verschlossen werden. Dadurch hätte sich im Oberboden schon bei geringen und mittleren Niederschlägen von 1 - 5 mm je Stunde und von 5 - 10 mm je Stunde in 63 % bzw. 66 % der Fälle auf der Verdichtungszone ein "Grundwasserspiegel" gebildet.
Die obige Tabelle (aus Fullen (1985)) zeigt die Ergebnisse zahlreicher Messungen auf lehmigen Sandböden in den West Midlands in England. Während auf unverdichtetem Weideland im Mittel 343 mm Wasser je Stunde versickern können, sind es auf verkrustetem Ackerland nur 30 mm und die verdichtete Pflugsohle lässt nur 3,3 mm stündlich durch. Auch wenn die Standortbedingungen wahrscheinlich anders waren, passen diese Zahlen gut zu den obigen Daten von Verbist et al. 2007, wonach sich schon bei 5 mm Regen ein Grundwasserspiegel auf der Pflugsohle aufbaut. So können auch mittlere Niederschlagsereignisse schon zu Oberflächenabfluss mit Erosions- und Sturzflutgefahren, wenn das Wasser den letzten Regens nicht in die Tiefe versickern konnte.
Durch eine ständige Pflanzenbedeckung (von mehr als 30% der Fläche), die den Aufprall von Regentropfen und damit die Verschlämmung der Oberfläche minimiert, und einen von Wurzeln und Regenwürmern gut gelockerten und strukturierten Boden ohne Pflugsohle könnten auch ackerbaulich genutzte Flächen Starkregenfälle von 50 und mehr mm je Stunde weitgehend „schlucken“ und zugleich Wasservorräte von bis 400 mm in bis zu 2 m Tiefe für die Kulturpflanzen verfügbar machen, wenn eine entsprechend tiefgründiger Boden mit Bioporen, die von Wurzeln und Regenwürmern geschaffen werden, vorhanden ist.
Bioporen sind nicht nur Pfade für große Mengen wenig abgebauter Streu in den Unterboden zwecks Kohlenstoffsequestration, sondern auch direkte Nährstoffreservoirs, die die Pflanzenernährung unterstützen können. Der Anbau von pfahlwurzelnden Zwischenfrüchten und ein Regenwurm-freundliches Management (zum Beispiel reduzierte Bodenbearbeitung) erschließen den Unterboden in Fruchtfolgen und unterstützen die Pflanzenernährung. (Banfield 2018)
Vor dem Hintergrund zunehmend extremer werdender Niederschlagssituationen (Starkregen / Dürren) und auch um Grundwasservorräte in feuchten Perioden optimal auffüllen zu können, sollte (besonders in Hanglagen) angestrebt werden, Pflugsohlen zu vermeiden, bzw. mit Pflanzenwurzeln oder notfalls maschinell zu durchbrechen, um den Unterboden wieder für die Wasseraufnahme und -speicherung, sowie die Nährstoffversorgung der Ackerkulturen zu erschließen!
- Dazu sollten Ackerflächen zunächst mittels Bodensonde oder Penetrometer systematisch auf Verdichtungen im Unterboden (Pflugsohlen) geprüft werden. In besonders gefährdeten Lagen mit massiven Pflugsohlen könnte ein mechanisches Aufreißen notwendig, bzw. sinnvoll sein.
- Als weitere gegen Erosion sofort wirksame Maßnahme können auch Agroforstsysteme in Keyline-Design angelegt werden. Die dazugehörigen kleinen Gräben und Wälle können an Hängen sofort das ablaufend Wasser auffangen und die Fließwege verkürzen.
- Andere „klassische Methoden“ der Erosionsvermeidung sind: Grasstreifen u.a. Dauerkulturen (wie Miscanthus), Zwischenfruchtanbau, minimierte Bodenbearbeitung parallel zu den Höhenlinien usw. (siehe Beratungsleitfaden Bodenerosion und Sturzfluten)
- Idealerweise sollte eine weitgehend pfluglose Bewirtschaftung mit möglichst ganzjähriger Bodenbedeckung mit möglichst lebenden Pflanzen angestrebt werden.
Ein solches Vorgehen hätte folgende Vorteile:
- Die Erschließung des Unterbodens durch die Wurzeln entsprechender Zwischenfrüchte und Kulturen und Regenwürmer verschafft den Nutzpflanzen einen erleichterten Zugang zu den Nährstoff- und Wasservorräten des Bodens unterhalb der Pflugsohle.
- Die landwirtschaftliche Produktion wird dadurch effizienter und resilienter im Klimawandel.
- Der Verlust an wertvollem Ackerboden mit Humus und Nährstoffen wird minimiert und damit auch die Belastung der Gewässer damit.
- Es wird Humus auch im Unterboden aufgebaut und damit vermehrt Kohlenstoff bis in große Bodentiefen festgelegt.
- Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist eine erhöhte Biodiversität im Boden und darüber.
Wissenschaftliche Quellen:
Banfield, C.C. (2018) Carbon Turnover in Subsoil Hotspots: Are Biopores more than Voids? Dissertation to attain the doctoral degree (Dr. rer. nat.) of the Faculty of Agricultural Sciences Georg-August-Universität Göttingen, 246 S.
Beisecker, R., Dießelberg, F. and Seith, T. (2020) Veränderungen der Wasseraufnahme und -speicherung landwirtschaftlicher Böden und Auswirkungen auf das Überflutungsrisiko durch zunehmende Stark- und Dauerregenereignisse. Edited by Deutschland. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt (Texte, 63/2020). Available at: https://doi.org/10.60810/openumwelt-5944.
Frese, H. and Altemüller, H.-J. (1962) Morphologische Beobachtungen an Pflugsohlen. Grundlagen der Landtechnik, Heft 15/1962, 10-14
Fullen, M.A. (1985) Compaction, Hydrological processes and soil erosion on loamy sands in East Shropshire, England. Soil & Tillage Research, 6 (1985) 17--29
Verbist, K., Cornelis, W.M., Schiettecatte, W., Oltenfreiter, G., Van Meirvenne, M., Gabriels,D (2007) The influence of a compacted plow sole on saturation excess runoff. Soil & Tillage Research 96 (2007) 292–302