Produkte aus synthetisch hergestellten, organischen Polymeren (häufig wird der Sammelbegriff Kunststoffe verwendet) sind in nahezu unendlichen Ausführungen im täglichen Leben zu finden. Da die Kosten für die Herstellung häufig gering sind und das Einsatzgebiet durch ihre vielfältigen, variablen Eigenschaften groß ist, sind Polymere in der Industrie nicht mehr wegzudenken. Trotz der vielen Vorzüge hat diese Werkstoffgruppe auch einige gravierende Nachteile. Da Kunststoffe normalerweise auf Basis von fossilen Brennstoffen hergestellt werden, sind die Preise stark von den schwankenden Rohstoffpreisen abhängig. Schwierig gestaltet sich auch die Entsorgung. Häufig werden die nicht kompostierbaren Kunststoffe für kurzlebige Einwegverpackungen benutzt. Das Abfallaufkommen ist daher groß. Die sachgerechte Beseitigung bzw. das Recycling ist durch das „Duale System“ (Grüner Punkt) in Deutschland gewährleistet. Die Entsorgung ist kostenintensiv und aufwändig; Eine unsachgerechte Beseitigung in der Natur kann jedoch durch die lange Verweildauer der Kunststoffprodukte zu Umweltschäden führen.

Um die Entsorgung zu erleichtern, die Abhängigkeit von fossilen Ausgangsstoffen zu verringern und Kunststoffprodukte nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten, wird seit einigen Jahren vermehrt die Erforschung und Entwicklung von Biopolymeren und daraus hergestellten Produkten vorangetrieben.

Für den Begriff Biopolymer gibt es bisher keine einheitliche Definition. Als Biopolymere werden jedoch grundsätzlich Polymere bezeichnet, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und/oder biologisch abbaubar sind. Da die Abbaubarkeit nur von der molekularen Struktur und nicht von der Herkunft des Ausgangsstoffs abhängig ist, schließt diese Definition auch Polymere mit ein, die biologisch abbaubar sind, jedoch aus fossilen Rohstoffen bestehen (siehe Abb. 1).

Abbildung 1: Begriffsabgrenzung der Biopolymere zu konventionellen Polymeren anhand des Rohstoffs und der Abbaubarkeit (Quelle: Ifbb-Hannover)

Die am häufigsten verwendeten Ausgangsstoffe für Biopolymere sind heutzutage modifizierte Stärke und Cellulose. Darüber hinaus sind oft auch Polymilchsäuren (PLA) und Polyhydroxyalkanoate (PHA) als Basis für Biopolymere zu finden. Biologisch abbaubare Produkte werden außerdem durch die Kombination von Polymeren aus fossilen und nachwachsenden Rohstoffen (sogenannte Blendsysteme) hergestellt.

Nachwachsende Materialien werden jedoch nicht nur als Rohstoffe für Biopolymere verwendet. Auch die Fasern einiger Pflanzenarten, wie Hanf, Holz oder Flachs, können als Verstärkungs- oder Füllkomponenten in eine Polymermatrix eingebracht werden.

Biopolymere sind durch ihre Herstellung auf Basis nachwachsender Rohstoffe und/oder durch ihre biologische Abbaubarkeit nachhaltig und umweltschonend. Viele Biopolymere können außerdem durch die Zugabe von Additiven und Zusatzstoffen sowohl auf Basis von fossilen als auch natürlichen Rohstoffen vielfältige neue Eigenschaften bekommen. Im Vergleich zu konventionellen Kunststoffen können so auch ganz neue und spezifische Materialeigenschaften, wie z. B. gute Bedruckbarkeit, Lichtbeständigkeit, Wasserdampfdurchlässigkeit oder auch biologische Abbaubarkeit, geschaffen werden.

Für den kurzlebigen Verpackungsbereich sind biologisch abbaubare Biopolymere geradezu prädestiniert. Durch die vielfältigen Eigenschaften werden jedoch auch neue Einsatzgebiete, wie Landwirtschaft, Medizin oder Lebensmittelindustrie, interessant. Doch natürliche Rohstoffe müssen nicht immer nur neue Biokunststoffe hervorbringen. Auch heute gebräuchliche Massenkunststoffe, wie PP, PE, PET oder PVC können aus nachwachsenden Rohstoffen (vor allem aus Bioethanol) hergestellt werden. Vorteil dieser sogenannten „drop-in“-Biokunststoffe ist, dass die Herstellung und Verarbeitung nur am Anfang angepasst werden muss, sonst jedoch identisch zu den fossilen Varianten verläuft. Die Verarbeitbarkeit auf konventionellen Anlagen der Kunststoffindustrie ist dadurch möglich.

Bisher gibt es zwei Generationen von Biopolymeren. Bei der ersten Generation wurden und werden natürlich vorkommende Stoffe mithilfe von Modifikationen zu Biopolymeren verarbeitet. Hierzu gehören z. B. Stärke und Cellulose. In der zweiten Generation werden biologische Strukturen so weit aufgeschlüsselt, dass nur noch die Monomere vorhanden sind. Diese werden dann polymerisiert, wie es unter anderem bei den Polymilchsäuren der Fall ist. Meist werden aus den Biopolymeren Granulate hergestellt, die dann zu den jeweiligen Produkten weiterverarbeitet werden (siehe Abb. 2).

Die Ausgangsstoffe von Biopolymeren auf Basis biologischer Strukturen können sowohl pflanzlichen (z. B. Stärke und Cellulose) als auch tierischen Ursprungs (u. a. Kollagen, Chitin, Milcheiweiß) sein. Im Folgenden sollen einige vielversprechende bzw. schon etablierte Biopolymere und ihre Gewinnung aus (pflanzlichen) nachwachsenden Rohstoffen vorgestellt werden.

(Thermoplastische) Stärke

Stärke gehört zu den Kohlenhydraten und kommt in Form von Stärkekörnern in vielen Pflanzen als Speicherstoff vor. In Europa liefern vor allem Kartoffeln, Mais und Weizen Stärke für die industrielle Verarbeitung. Da dieser natürliche Rohstoff in großen Mengen verfügbar und das Preis-Leistungs-Verhältnis gut ist, nehmen stärkebasierte Polymere eine Spitzenposition bei den Biopolymeren ein. Die Stärke selber ist sehr spröde. Daher werden natürliche Weichmacher und Plastifizierungsmittel hinzugegeben, sodass thermoplastische Stärke entsteht. Durch diese Hilfsmittel können stärkebasierte Biopolymere gut verarbeitet und in ihren Eigenschaften stark variiert werden. Stärkekunststoffe werden häufig für kurzlebige Produkte verwendet, die dann biologisch abbau- und kompostierbar sind.

Cellulose(-acetat)

Auch die Cellulose wird den Kohlenhydraten zugeordnet und ist der Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwänden. Damit ist sie die häufigste organische Verbindung und in nahezu unendlicher Menge vorhanden. In chemischen Verfahren wird die Cellulose von Begleitstoffen gereinigt. Der so entstandene Zellstoff wird vor allem in der Papierindustrie verwendet. Zur Herstellung von cellulosebasierten Polymeren muss die Cellulose noch weiter modifiziert werden. Durch eine Reaktion mit Essigsäure wird Cellulose z.B. zu Celluloseacetat verestert. Die daraus hergestellten Produkte sind transparent und zähelastisch, aber auch witterungsbeständig und daher nicht biologisch abbau- und kompostierbar.

Polymilchsäuren (PLA)

Milchsäure ist ein Zwischenprodukt, dass durch Vergärung von Melasse oder durch Fermentation von Zucker und Stärke entsteht. Zur weiteren Nutzung als Biopolymer wird die Milchsäure zu Polymilchsäure (kurz PLA, von poly lactid acid) polymerisiert. Das Biopolymer hat vielfältige Eigenschaften. Es zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass es sehr langlebig, UV-beständig, transparent und fest ist. Je nach Zusammensetzung und Zusatzstoffen ist es schnell bis kaum biologisch abbaubar. Für die Herstellung von PLA gibt es kontinuierliche Verfahren, sodass es kostengünstig und in großen Mengen produziert werden kann.

Polyhydroxyalkanoate (PHA)

Polyhydroxyalkanoate werden als Reservestoffe von Bakterien durch einen Gärprozess aus Zucker oder Fetten gebildet. PHAs sind je nach Zusammensetzung u. a. verformbar, elastisch, UV-stabil und biologisch abbaubar. Das PHA Polyhydroxybuttersäure (PHB) zählt zu den interessantesten Biopolymeren, da die Materialeigenschaften dem synthetischen Polymer Polypropylen ähneln. Biopolymere aus reiner PHB sind relativ spröde und steif. Durch Zugabe von Copolymeren können die Eigenschaften jedoch variiert werden.

Verwendung

Die Verwendung von Biopolymeren und biobasierten Kunststoffe zur Herstellung von Produkten in vielen Wirtschaftszweigen hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Zu Beginn des Jahres 2013 wurden zwei Studien zum Biokunststoffmarkt veröffentlicht. Die Studie des Instituts für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe der Hochschule Hannover weist für das Jahr 2010 eine weltweite Steigerung der Produktionskapazitäten für Biokunststoffe auf über 1 Mio. Tonnen aus. Bis 2016 wir mit einer Kapazitätssteigerung auf mehr als 5,7 Mio. Tonnen gerechnet. Diese Steigerung findet vor allem im Bereich der dauerhaften, demnach nicht biologisch abbaubaren Biokunststoffe statt. Dies beruht auf der gesteigerten Herstellung von sogenannten drop-in-Kunststoffen, also Kunststoffe die in der Zusammensetzung konventionellen Kunststoffen entsprechen, wie PET, PP und anderer, aber aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.

Diese Produktionssteigerung bezieht sich nur auf die thermoplastischen Biokunststoffe, nimmt man, wie die zweite Studie zeigt, noch die Duroplaste und thermoplastisch Chemiefasern mit hinzu, so kann von einer Steigerung der Produktionskapazitäten bis 2016 auf mehr als 8 Mio. Tonnen weltweit ausgegangen werden. Parallel dazu steigt der Bedarf an Biomasse für die Herstellung dieser Biokunststoff, ging man für 2012 von einer Nutzung von 1,7 Mio. Tonnen aus, so wird für 2016 mit einem Bedarf von 3,5 Mio. Tonnen gerechnet. Auch wenn diese Zahlen sehr beindruckend sind, ist der Anteil an Biokunststoffen an dem Gesamtmarkt für Kunststoffe mit erwarteten ca. 330 Mio. Tonnen für 2015 eher gering. Biokunststoffe machen in ihren verschiedenen Anwendungen, trotz der starken Zunahme in den nächsten Jahren nur etwa 2 % des Gesamtmarktes aus. Geht man von den heutigen technischen und werkstofflichen Möglichkeiten von Biokunststoffen aus, so könnten sie in fast allen Bereichen eingesetzt werden, in denen bisher mit Kunststoffen auf fossiler Basis gearbeitet wird.

Mittlerer Weile haben Biokunststoffe in den verschiedensten Industriebereichen Anwendungsfelder gefunden, beginnend bei technischen Anwendungen in der Automobilindustrie, Gartenbau, Verpackungsindustrie bis hin zum Baugewerbe. Je nach Verwendung werden sowohl biologisch abbaubare als auch nicht biologisch abbaubare Polymere eingesetzt. Besonders der Bereich der Flaschenherstellung zeichnet sich durch einen hohen Einsatz von biobasierten PET aus.

Herstellung

Für die Herstellung von Biopolymeren sind nachwachsende Rohstoffe, sprich Biomasse notwendig. Diese wird vor allem durch die Landwirtschaft bereitgestellt. Hieran hat sich, wie bei den Biotreibstoffen, eine Diskussion bzgl. der Konkurrenz mit der Nahrungsmittelherstellung entzündet. Diese Diskussion konnte durch Untersuchungen zum wirklichen Flächenbedarf für Rohstoffe für Biopolymere auf eine neutrale Basis gestellt werden. Die Untersuchungen des IfBB in Hannover, zeigen, dass lediglich ein geringer Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche, nämlich nur 0,02 % bis 2017, für die Herstellung von Biopolymeren weltweit benötigt wird.

Allerdings sollten weiterhin Materialnebenströme, die bisher noch keiner stofflichen Nutzung zugeführt worden sind, auf ihre Verwendbarkeit für die Herstellung von Biopolymeren, bzw. Naturfaserverbundwerkstoffe untersucht werden, um die Flächen für die Nahrungsmittelherstellung zu erhalten, da die Weltbevölkerung in den nächsten Jahren weiter ansteigt und aufgrund der Klimaveränderungen es auch zu Verlusten von Anbauflächen kommen kann. Hier gibt es schon eine Reihe von Entwicklungen, wie die Verwendungen von Restmaterialien aus dem Gartenbau und der Landwirtschaft, sowie der Lebensmittelindustrie, die sowohl als Rohstoff für Biopolymere dienen können, als auch Naturfasern enthalten, die in Naturfaserkompositen Anwendungen finden. Diese Wege gilt es auszubauen um eine nachhaltige Ressourcennutzung voranzutreiben.

Zur Schonung der vorhandenen Ressourcen ist es zu dem notwendig, wie bei normalen Kunststoffen auch, das Recycling von Biokunststoffen zu verbessern. Geeignete Trennungsverfahren sind schon vorhanden, werden aber bisher aufgrund nicht vorhandener Rentabilität, wegen zu wenig gesammeltem Material, noch nicht in den Trennungsanlagen eingesetzt. Dies wird sich jedoch bei steigendem Massestrom ändern.

Biokunststoffe haben aufgrund ihrer Herstellung aus nachwachsenden Rohstoffen Vorteile bei der CO2-Bilanz, allerdings auch Nachteile durch ihre landwirtschaftliche Produktion ihrer Rohstoffe im Bereich der Eutrophierung. Insgesamt geht am aber von einer besseren Umweltbilanz als bei konventionellen Kunststoffe aus. Besonders die Verwendung von biologisch abbaubaren Biopolymeren hat aufgrund ihrer Kompostierbarkeit ein gutes Image in der Bevölkerung, was es zu nutzen gilt.

Im Rahmen der Bioökonomie gilt es die vorhandenen natürlichen Ressourcen nachhaltig zu nutzen unter der Vorgabe des Erhalts der landwirtschaftlichen Nutzfläche für den Lebensmittelanbau und der Energieeffizienz. Biopolymere können ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Wirtschaft leisten. Hierzu gilt es so viele Rohstoffe aus Produktionsprozessen, sowohl aus der Landwirtschaft als auch aus der Industrie zu nutzen. Viele Reststoffe haben noch unentdeckte Potentiale für eine stoffliche Weiterverwertung, die es zu erschießen gilt. Zudem können diese Materialien aufgrund ihrer Eigenschaften die Entwicklung von neuen Produkten für die verschiedensten Anwendungen vorantreiben und der Industrie neue Ansatzmärkte eröffnen. Einbezogen werden sollte auch ihre Verarbeitung und ihr Einsatz in neuen Verfahren, wie z.B. den 3D-Druck, der in den letzten Jahren eine wahrhaft kometenhafte Entwicklung genommen hat.