Der schöne, große Scania-Lkw ist noch blitzeblank, denn er ist nagelneu. Doch er wird künftig kräftig genutzt werden und in der Region viel zu sehen sein. Fahren wird der LKW mit einer ganz besonders „grünen“ Energie. Er tankt Bio-CNG aus Biomethan, hergestellt von seinen Besitzern, der KBB-Biogas in Armsen, die mit ihren Blockheizkraftwerken bereits mehr als 100 Häuser in Armsen mit Wärme versorgt. Hergestellt wird die Erdgas-Alternative Biomethan aus Mist aus der Region, dafür wurde die Anlage in den vergangenen Monaten aufwendig umgerüstet.
Die Gärtechnik in der seit 2011 bestehenden Anlage musste erheblich umgebaut werden, inklusive der Annahmetechnik für den Mist. „Nun setzen wir bereits seit mehr als einem halben Jahr ausschließlich Mist ein. Vorher lagen wir bei 60 Prozent Mais, 30 Prozent Gülle und zehn Prozent Zuckerrüben und Ganzpflanzensillage“, erzählt KBB-Geschäftsführer, Agraringenieur Gerd Clasen. Das entstehende Biomethan sei eine echte Alternative zum fossilen Rohstoff Erdgas. Das Armser Produkt soll ins Netz eingespeist werden, die Vorbereitungen dafür sind bereits weit gediehen.
Am 16. April geht die Tankstelle in Betrieb
Die Vergärung von nachwachsenden Rohstoffen habe durchaus seine Berechtigung, findet Clasen. „Wir haben im Grunde genommen zu viele Ackerfrüchte, die gar nicht vernünftig verwertet werden können, und deswegen einen hohen Preisdruck. Die Biogasanlagen sind ein Ventil für die Überproduktion.“
Doch die Umstellung auf 100 Prozent Mist und die Umwandlung zu Biomethan sei „wirklich zukunftsorientiert“. Clasen glaubt fest daran, dass dies die Energie sei, die künftig den Güterverkehr bewegen werde. Und schon in Kürze wird die grüne Energie aus Armsen diverse Fahrzeuge aus der Region antreiben, freut sich Clasen. Der 16. April ist der Stichtag, dann geht die eigene Bio-CNG-Tankstelle auf dem Gelände der KBB, am Rande der Ortschaft Armsen gelegen, in Betrieb. „Es ist eine halböffentliche Tankstelle, an der sich Nutzer einmalig registrieren lassen“, erklärt der gelernte Landwirt. In erster Linie werden es wohl Lkw sein, die hier betankt werden.
Aber auch der starke neue New Holland von KBB braucht CNG: „Es ist der erste serienreife Biomethanschlepper überhaupt.“ Man sei sehr glücklich, das landwirtschaftliche Nutzfahrzeug jetzt ganz neu im eigenen Fuhrpark zu haben, sagt Clasen strahlend. „Wir setzen den Schlepper selbst für verschiedene Tätigkeiten ein, werden ihn aber zum Selbstkostenpreis auch vermieten – und das ist richtig günstig, weil eben auch der Sprit so günstig ist.“ Im näheren Umfeld hätten bereits einige Landwirte ihr Interesse angemeldet, so Clasen zufrieden. Er und seine Familienmitglieder betanken auch ihre eigenen Pkw mit CNG. „Aber für Personenkraftfahrzeuge ist CNG nicht die Zukunft, diese werden kaum noch produziert.“
Direkter Anschluss ans Erdgasnetz
Einer der größten Schritte für die KBB wird etwas später im Jahr erfolgen. Gerd Clasen führt über das weitläufige Gelände der KBB und zeigt auf einen tiefen Graben, der in den vergangenen Monaten ausgehoben wurde. Hier sollen in Kürze Erdgasleitungen über eine Strecke von mehreren Hundert Metern verlegt und direkt an das bestehende Netz angeschlossen werden. Anfang August, so ist es geplant, soll die Übergabestation in Betrieb gehen. „Ich freue mich sehr darauf. Da steckt viel Herzblut drin.“
Ein Riesenwurf für die KBB, dieses Projekt, in das erhebliche Investitionen geflossen sind. Entspannt zurücklehnen wird sich Gerd Clasen aber noch lange nicht. Um den Strom für die Anlage zu produzieren, soll ein großes Windrad in Nachbarschaft zur Biogasanlage installiert werden, das Raumordnungsprogramm des Landkreises sieht das bereits vor.
Und das ist noch nicht alles: Eine Freiflächenphotovoltaikanlage mit einer Größe von stolzen zwölf Hektar ist ebenso bei der Gemeinde Kirchlinteln beantragt. „Das Zusammenschalten von Solar-, Wind- und Bioenergie für eine nachhaltige Energieversorgung in der Gemeinde Kirchlinteln ist die zentrale Aufgabe der KBB“, erklärt Clasen.
Quelle: Artikel aus der Verdener-Allerzeitung vom 9. April 2024