Kurz vor dem Ziel ist aus einer zukunftsweisenden EEG-Novelle ein Bremsklotz für die Branche geworden. Der Fachverband Biogas sieht dringenden Überarbeitungsbedarf.
Die letzten Monate waren für die Biogasbranche eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Nach Jahren der Stagnation, in denen die Entscheidungen aus Berlin den Anschein erweckten, Biogas spiele keine Rolle in den energiepolitischen Plänen der Bundesregierung, kamen mit der Debatte um die 7. EEG-Novelle erstmals wieder hoffnungsvolle Signale aus der Hauptstadt:
Die Ausschreibungsvolumina für Strom aus Bioenergie soll von derzeit 150 auf 600 Megawatt (MW) pro Jahr angehoben werden, ebenso die Gebotshöchstwerte für Neu- und Bestandsanlagen; der Flexdeckel gestrichen und der Flexzuschlag erhöht werden, die Sondervergütungsklasse für Güllekleinanlagen ausgeweitet.
„Viele unserer Forderungen fanden sich in diesem Entwurf wieder“, resümiert der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide. Zur 30. Biogas Convention vom 16. bis 20. November herrschte unter den über 400 Teilnehmern im digitalen Raum eine lang vermisste positive Grundstimmung.
Doch dann folgte am 17. Dezember die 2. und 3. Lesung im Bundestag. „Seit dem fühlt es sich an, als hätte jemand ganz unvermittelt die Handbremse gezogen“, kommentiert Horst Seide die finale Verabschiedung des EEG 2021. Sowohl beim Flexzuschlag für Bestandsanlagen als auch bei den Ausschreibungsmodalitäten und der Anschlussförderung für Güllekleinanlagen bremste die Bundesregierung die Euphorie der letzten Wochen.
Für den Verbandspräsidenten völlig unverständlich und kontraproduktiv für das Erreichen der Klimaziele: „Warum werden uns jetzt doch wieder so viele Steine in den Weg gelegt?“ In zwei Jahren gehe das letzte Atomkraftwerk vom Netz, der Kohleausstieg habe begonnen, „wir brauchen einen regenerativen Energieträger, der flexibel auf die volatilen Leistungen von Sonne und Wind reagieren kann.“
Biogasanlagen reduzieren den Bedarf an Netzausbau, Redispatch und der Vorhaltung konventioneller Kraftwerke. Ohne Biogas drohe die Gefahr einer Versorgungslücke von 40 – 50 Gigawatt ab dem Jahr 2030, mahnt der Präsident. Von 2009 bis 2011 lag der Zubau an Biogasleistung im Schnitt bei 1.300 MW. Wenn auch nur die Hälfte der damals ans Netz gegangenen Biogasanlagen aufgrund der unzureichenden Anschlussförderung zwischen 2029 und 2031 aufhört, würden innerhalb von drei Jahren knapp 2.000 MW sichere Leistung wegfallen.
Darüber hinaus gehe es auch um weitere Sektoren. „Wir brauchen klimafreundliche Wärme, klimafreundlichen Kraftstoff, eine regionale und grüne Basis für die Wasserstoffnutzung – all das kann Biogas“, betont Seide. Er beklagt, dass die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung zu wenig ambitioniert sei. Häufig wäre die Wirtschaft hier schon weiter als die Politik. Um den Green Deal der EU und das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen müsse das EEG im kommenden Jahr dringend nachgebessert werden.
Quelle: Pressemitteilung des Fachverbands Biogas e.V. vom 28. Dezember 2020