Rund 25 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Forschung, Landwirtschaft, Naturschutz und Politik diskutierten am Donnerstag, den 12. September 2024 bei Klasmann-Deilmann GmbH über die Frage, wie das Torfmoosfarming in die Umsetzung gebracht werden kann.
Das Anbauverfahren befindet sich schon seit mehreren Jahren in der Entwicklung und Optimierung. Für die entwässerten Hochmoore in Niedersachsen stellt die Vernässung und anschließende Torfmooskultivierung eine große Chance für den Klimaschutz dar. Auch an den unterschiedlichsten Produkten aus der Torfmoos-Biomasse wird bereits parallel gearbeitet. Zwei Verwertungsoptionen sind derzeit im Fokus: Substratausgangsstoffe und Spendermaterial für Renaturierungen.
Derzeit wird jedoch weder Anbau noch Verwertung kommerziell betrieben, weil beides bisher nicht rentabel ist und die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Beispielsweise gibt es in Niedersachsen nach wie vor keine Agrarförderung für den Anbau von Torfmoosen.
Der Workshop beleuchtet die Verwendung als Substratausgangsstoff entlang der gesamten Lieferkette vom Anbau über die Anwendung bis hin zur Vermarktung.
Dr. Jan Köbbing vom 3N Kompetenzzentrum wies eingangs in seinem Vortrag auf das niedersächsische Landesziel hin, die Treibhausgas-Emissionen aus organischen Böden um 1,65 Mio. t CO2-Äquivalente bis zum Jahr 2030 gegenüber 2020 zu senken. Das entspricht einer Gesamt-Fläche von ungefähr 63.000 ha entwässerter landwirtschlich genutzter organischer Böden. Bedarf für die Biomasse wäre da, wie Dr. Bernd Dreyer von der Klasmann-Deilmann GmbH deutlich machte. Bereits jetzt hat das Unternehmen einen Teil des Torfs in seinen Substraten mit anderen Ausgangsstoffen ersetzt. In Zukunft wird die Nachfrage nach Torfersatzstoffen weiter steigen, sodass die alternativen Rohstoffe knapp werden könnten. Dies wird voraussichtlich auch den Bedarf an Torfmoosen für die Substratindustrie antreiben.
Doch wieviel Anbaufläche und damit Torfmoos-Biomasse könnte in Zukunft produziert werden? Hierauf kann die gerade erschienene Potenzialstudie „Moore in Niedersachsen“ von der Hofer&Pautz GbR Antworten geben, sagt Bernd Hofer. Demnach haben allein im Landkreis Emsland ca. 4.600 ha entwässerte und landwirtschaftlich genutzte Hochmoorböden außerhalb von Schutzgebieten und ohne geschützte Biotope ein mittleres oder hohes Potenzial zur Anlage einer Torfmoos-Paludikultur. Meistens handelt es sich um große, zusammenhängende Flächen, die eine Vernässung besonders lohnenswert machen. Allerdings hat der größte Teil dieser Flächen den Status eines Dauergrünlandes, was eine Umwandlung aufgrund der aktuellen GLÖZ-Standards deutlich erschwert.
Wie die Torfmoose angebaut werden können, damit beschäftigt sich vor allem das Greifswald Moor Centrum gemeinsam mit PartnerInnen aus der Praxis. Dr. Greta Gaudig stellte bisherige Erkenntnisse und Optimierungspotenziale der großen Pilotfläche im LK Ammerland vor.
Michael Emmel von der Lehr-und Versuchsanstalt für Gartenbau Hannover-Ahlem beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit Torfmoos-Biomasse als Ausgangsstoff für gärtnerische Kultursubstrate und berichtete über die hervorragenden Eigenschaften von Torfmoosen, die teilweise denen von Weißtorf entsprechen. Auch Silke Kumar von der Moorkultur Ramsloh GmbH und Co. KG betonte das große Potenzial und ihre Absicht, Anbau und Vermarktung in Zukunft auszubauen.
Bislang erfolgte die Finanzierung von Anbau und Substratherstellung ausschließlich durch öffentliche Förderprojekte. Nun steigt im Landkreis Rotenburg (Wümme) das Start-Ups „ZukunftMoor“ privatfinanziert in den Anbau einer 13 ha Torfmoosfläche ein, wie Mitgründer Paul Waldersee berichtete.
Besteht damit die Chance, dass sich Anbau und Verwertung in Zukunft betriebswirtschaftlich lohnen? Bei der Vermarktung als Spendermaterial für neue Torfmoosflächen wird ein Preis von 750 € je m³ erreicht und damit wäre der Anbau rentabel, sagt Dr. Sabine Wichmann vom Greifswald Moor Centrum. Für den Verkauf als Torfersatz wird allerdings deutlich weniger bezahlt. Andere Torfersatzstoffe werden für 25-50 €/m³ gehandelt, was nicht zur Kostendeckung reicht.
Trotz offensichtlicher großer Herausforderungen wurden von den Teilnehmenden in lebhafter Diskussion verschiedene Lösungsansätze hervorgebracht, um den Torfmoosanbau in die Fläche zu bringen, u.a.:
- Anlage weiterer großer Forschungspolder mit dem Ziel der Optimierung durch Skalierung
- Förderungen bei der Flächenanlage – z.B. eine „Umsteller-Prämie“
- Entwicklung eines einheitlichen und vereinfachten Genehmigungsverfahrens gemeinsam mit den Landkreisen
- Förderprogramme zur Implementierung von Flächen für die Erzeugung von Spendermaterial
- Gewährleistung von Abnahmegarantien
Der Workshop fand im Rahmen des vom Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefördertem Projektes PALUDIFarming statt und wurde gemeinsam mit dem 3N Kompetenzzentrum e.V. durchgeführt.