Zweites SCF-Projekttreffen gibt neue Einblicke
Beim zweiten Partnertreffen des Projektes Smart Carbon Farming (SCF) in Mons (Belgien) Mitte Juni 2024 wurde den Teilnehmenden verdeutlicht, wie wichtig ihre Arbeit im Rahmen der aktuellen Klimapolitik der Europäischen Union ist: Die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet große Unternehmen, detaillierte Angaben u. a. zu ihren Klimazielen und deren Ausrichtung am 1,5 °C-Limit zu machen. Gleichzeitig knüpfen auch immer mehr Finanzinstitute die Kapitalvergabe an messbare Fortschritte bei der Dekarbonisierung und Kunden machen ihre Kaufentscheidung abhängig von der Reduktion der CO₂-Intensität eingekaufter Produkte und Dienstleistungen. Der Klimaschutz sollte natürlich vorrangig durch Energieeinsparungen und den Einsatz erneuerbarer Quellen bewirkt werden, aber zusätzlich kann auch der Kauf von Zertifikaten auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt sinnvoll sein.
Diese Zertifikate können z. B. aus dem Humusaufbau in der Landwirtschaft stammen. Am 10. April 2024 nahm das Europäische Parlament die vorläufige Einigung über die Verordnung über Kohlenstoffabbau und Kohlenstoffbewirtschaftung (Carbon Removals and Carbon Farming – CRCF) an, mit der der erste EU-weite freiwillige Rahmen für die Zertifizierung von Kohlenstoffabbau, Kohlenstoffbewirtschaftung und Kohlenstoffspeicherung in Produkten in ganz Europa geschaffen wird. Die CRCF-Zertifikate können von Firmen genutzt werden, die Net-Zero-Ziele innerhalb ihrer Produktionskette erreichen oder sich selbst als „klimaneutral“ bezeichnen wollen.
Im Rahmen von SCF geht es im Kern darum, Methoden für eine effiziente Messung, Kontrolle und Berichterstattung zur Kohlenstoffbindung auf landwirtschaftlichen Flächen zu entwickeln. Leadpartner des Projektes ist das belgische Unternehmen Multitel, das sich in vielfältiger Weise mit Messtechniken beschäftigt – von der Satellitenbildauswertung bis zu Analyse kleinster Bodenproben. Zusammen mit anderen Technologiepartnern und mit Unterstützung von landwirtschaftsnahen Organisationen aus Irland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland soll versucht werden, in der vierjährigen Projektlaufzeit Methoden zu entwickeln, um die Kohlenstoffbindung auf landwirtschaftlichen Flächen zu optimieren. Dabei geht es um eine Kombination von klassischen Bodenproben, neuen Oberflächenmesstechniken, Satellitenbildern und Modellrechnungen. Außerdem wird eine Gruppenzertifizierung eingeführt, die die Belastung für kleine land- und forstwirtschaftliche Betriebe verringern soll.
Wegen der Reversibilität des Humusaufbaus sollen diese CRCF-Zertifikate nur fünf Jahre Gültigkeit haben. Diese Maßnahmen sollen dazu führen, die bisher auf maximalen Ertrag ausgerichtete Landwirtschaft mehr zu einer nachhaltigen Bodennutzung mit einer höheren ökologischen und wirtschaftlichen Stabilität zu begleiten.
3N wird in dem Projekt dabei mitwirken, Versuchs- und Demonstrationsbetriebe zu finden und – wie auch schon im laufenden niedersächsischen Landesprojekt KlimaFarming – die Methoden zum Humusaufbau zu bekannter zu machen. Dabei erfolgt auch eine Kooperation mit dem anderen niedersächsischen SCF-Partner tgo AG.
Vorhandene Zertifizierungssysteme werden erfasst und müssen dann entsprechend der entwickelten Standards zugelassen werden. Zudem geht es darum, potenzielle Käufer von Kohlenstoffzertifikaten – insbesondere aus der Nahrungsmittelwirtschaft – zu beraten. Bis 2028 will die EU ein CRCF-Register installiert haben, über das entsprechende Zertifikate ausgegeben werden können.
Weitere Informationen zu Smart Carbon Farming finden Sie im Projektsteckbrief