Der Titel der Tagung beschrieb die Situation: Nachdem einige innovative Pionierbetriebe verschiedene Agroforstsysteme zum Wachsen gebracht haben, wird in der Politik auf Bundes- und Landesebene versucht, die seit 1.1.2023 gültigen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass die Einbringung von Gehölzen in landwirtschaftliche Produktionssysteme nicht unnötig behindert wird. Wie dies gelingen kann, war u. a. Thema der 3N-Veranstaltung am 18. Juni 2024 in Hannover, die im Rahmen des vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Projekts KlimaFarming stattfand.
Einführend stellten Dr. Ernst Kürsten vom 3N Kompetenzzentrum und Isabelle Frenzel vom Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft, der das ELAN-Projekt betreut, verschiedene historische und aktuelle Agroforstsysteme vor und erläuterten die Gründe für ihre Anlage:
Während die Politik sich eine erhöhte Kohlenstoffbindung auf den landwirtschaftlichen Flächen zum Ziel gesetzt habe, gehe es bei den landwirtschaftlichen Betrieben vor allem um die ökologische und soziale Vorteilhaftigkeit:
- Humusaufbau = bessere Versickerung und Speicherung von Regenwasser, bessere Befahrbarkeit der Böden
- Minderung von Wind- und Wassererosion
- Kühlung und Befeuchtung der Landschaft
Insgesamt ergäben sich eine vielfältigere, gesündere und stabilere Nahrungsproduktion und dadurch ggf. zusätzliche Einnahmen, bzw. reduzierte Verluste infolge von Dürren oder Hochwasserlagen. Zudem würde die Produktionskapazität (Bodenwasser, Nährstoffe, Licht = erhöhte Land Equivalent Ratio!) unserer immer knapper werdenden Ackerflächen besser ausgenutzt. Schließlich entwickele sich auf strukturreicheren landwirtschaftlichen Flächen mit nicht bearbeiteten Anteilen und Biotopvernetzung eine erhöhte Artenvielfalt. Bezüglich möglicher Konflikte mit dem Naturschutz wurde auf eine Borschüre des NABU verwiesen. Außerdem wurde für Freitag, den 20. September ein Agroforstfeldtag bei Wolfenbüttel angekündigt (weitere Informationen: www.agroforst-info.de).
Erste Ergebnisse zur Bodenentwicklung in einem Agroforst mit Pappeln und Hühnern bei Lüneburg, die Prof. Dr. Georg Guggenberger vom Institut für Bodenkunde der Leibniz Universität Hannover präsentierte, zeigten einen überraschend starken Humusaufbau. Im Vergleich zu einem Referenzacker hätten sich in ca. 9 Jahren die Kohlenstoffspeicherung zwischen den Gehölzstreifen um 60 % und in den Gehölzstreifen um 25 % (ohne Anrechnung der Baumwurzeln!) erhöht.
Trotz aller Vorteile der agroforstlichen Nutzungssysteme sei deren Anlage oft nicht nur mit hohen Kosten, sondern auch mit bürokratischen Hemmnissen verbunden, wie Dr. Carlo Marzini vom Lucklumer BioGut GmbH & Co. KG berichtete. Als Beispiel nannte er die flächenmäßige Trennung von Gehölzstreifen und Ackerflächen bei der Kontrolle. Zum einen erlaube sie keine Doppelnutzung, wie z. B. den Gemüseanbau auf den Baumstreifen und zum anderen passe die Dynamik nicht „ins System“: Während für die Bäume in den ersten Jahren ein Streifen von einem Meter Breite reichen könne, bräuchten sie nach 20 Jahren hingegen vielleicht fünf Meter breite Streifen!
Zum Abschluss berichtete Christopher Straeter vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über die aktuellen Förderprogramme und die politische Diskussion in Bezug auf Agroforstwirtschaft in Niedersachsen. Mit den Projekten KlimaFarming und ELAN würden aktuell zwei Projekte finanziert, die die Etablierung und die wissenschaftliche Untersuchung agroforstlicher Systeme spürbar unterstützten.
Parallel würden folgende Aspekte zur Investitionsförderung gegenwärtig diskutiert:
- Erweiterung für Grünland, Dauer- und Sonderkulturen
- Erhöhung des Fördersatzes auf 80 %
- Orientierung an der Öko-Regelung 3
- Nutzungskonzept beibehalten
- Windhundprinzip oder Rankingverfahren
- Künftige Förderung über GAK / ANK
Im Praxisteil stellte Henning Rehren bei Gehrden-Lemmie seine Agroforstsysteme vor. Anlass für die Beschäftigung mit dem Thema seien für ihn Erfahrungen mit den Dürreperioden der letzten Jahre gewesen. Er habe sich nach einigen Erkundigungen schließlich für Agroforstsysteme mit Walnussbäumen französischer Herkunft entschieden und auf einem Feld auch Pappelstreifen angelegt, in die später auch noch Walnuss mit eingebracht werden sollen. Als ELAN-Projektbetrieb habe er zumindest bei einer Fläche einen Investitionskostenzuschuss in Höhe von 40 % erhalten. Vor Ort konnten viele praktische Fragen diskutiert werden. Schweizer Merkblatt zur Walnussproduktion in kleinen Mengen
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Pressematerial
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PM: Agroforstwirtschaft auf dem Weg in die Praxis [pdf; 0,5 MB]