Biogasanlagen kommen ihrer Funktion als flexible erneuerbare Energiequelle immer stärker nach. Das ist eines der Ergebnisse der aktuellen Branchenzahlen, die der Fachverband Biogas heute veröffentlicht hat. Darüber hinaus stagniert die Branche allerdings, ein relevanter Zubau findet nur bei Güllekleinanlagen statt.
Im Rahmen seiner heutigen Pressekonferenz stellte der Fachverband Biogas e.V. die Branchenzahlen für 2020 inklusive Prognose für 2021 vor. Das Ergebnis: kein nennenswerter Ausbau bei neuen Biogasanlagen, eine Brutto-Stromproduktion auf Vorjahresniveau und ein deutlicher Trend zu mehr flexibler Leistung.
Die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland ist von 2019 auf 2020 um 97 auf 9.632 gestiegen. Die installierte Leistung erhöhte sich um 376 Megawatt (MW) auf 5.666, wovon 3.793 arbeitsrelevant sind, was einen Rückgang um ein MW gegenüber 2019 bedeutet.
Besonders auffällig ist der Zubau an flexibler Leistung mit 381 MW. „Biogas ist – anders als Wind und Sonne – speicherbar“, erklärte Seide. „Biogasanlagen können Strom erzeugen, wenn er gebraucht wird – auch nachts, an windstillen Tagen oder bei hoher Nachfrage. Dies ist von elementarer Bedeutung für das Gelingen der Energiewende. Die Betreiber sind sich dessen bewusst und bauen ihre Anlagen entsprechend um.“
Weniger Stromerzeugung durch hohe Investitionshemmnisse
In der Summe wurde 2020 allerdings nicht mehr Biogasstrom ins Netz eingespeist – für 2021 prognostiziert der Verband sogar einen leichten Rückgang. Seide erläuterte: „Die Branche hat zwar mit der letzten Reform des EEG das lang erwartete Bekenntnis der Politik erhalten, dass die Stromerzeugung aus Biomasse bis 2030 auf heutigem Niveau erhalten bleiben soll. Investitionshemmnisse wie die Südquote oder die endogene Mengensteuerung in den Ausschreibungen sorgen jedoch de facto für einen Abfall der Stromproduktion. Sie sind von einer neuen Bundesregierung unverzüglich zu beseitigen.“
Die meisten Neuanlagen gingen 2020 in Bayern ans Netz (34), gefolgt von Baden-Württemberg (20) und Niedersachsen (19). Damit stehen nach wie vor die meisten Biogasanlagen in Bayern (2.588) vor Niedersachsen (1.709) und NRW (1.129). Die höchste installierte Leistung verzeichnet allerdings Niedersachsen mit 1.426 MW vor Bayern mit 1.298 MW und Baden-Württemberg mit 535 MW.
2021 wird sich der Nettozubau neuer Biogasanlagen vermutlich auf 60 Neuanlagen verringern, da aufgrund der zahlreichen und komplexen rechtlichen Anforderungen zunehmend mehr Biogasanlagen nach 20 Jahren Laufzeit im EEG den Betrieb einstellen. Ein Zubau findet fast ausschließlich bei den Güllekleinanlagen statt, von denen 2021 voraussichtlich 93 neue Anlagen ans Netz gehen werden. Spürbar verlangsamt sich nach Schätzungen des Verbandes auch die Flexibilisierung im Bestand, die nur noch einen Leistungszubau von etwa 120 MW Ende des Jahres umfassen könnte. Für Ende 2021 prognostiziert der Verband 9.692 Biogasanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 5.787 MW.
Biogas als Ersatz für Kohle und Atomkraft
„Wir müssen den Bestandsanlagen eine reelle Perspektive zum Weiterbetrieb anbieten“, mahnte der Verbandspräsident. „Wir können weder auf die klimafreundliche Energie noch auf das Knowhow von zwei Jahrzehnten verzichten.“ Dafür bräuchten die Akteure aber verlässliche Rahmenbedingungen, neue Anreize für die Flexibilisierung im Bestand und weniger kostenintensive Auflagen.
Biogasanlagen sind eine unverzichtbare Säule im Energiesystem der Zukunft, betonte Seide. Vor allem im Hinblick auf das Ende der Atomkraft im kommenden Jahr und das Auslaufen der Kohleenergie brauche es einen Energieträger, der flexibel auf Stromschwankungen reagieren kann. Vor diesem Hintergrund und auch mit Blick auf das Potenzial von Biogas für mehr Artenvielfalt auf den Feldern, CO2-Einsparungen in der Landwirtschaft und die Bereitstellung von nachhaltigem regionalem Dünger ist für Verbandspräsident Seide klar: „Biogas ist alternativlos.“
Die Branchenzahlen finden Sie unter www.biogas.org
Quelle: Pressemitteilung des Fachverbands Biogas e.V. vom 14. Oktober 2021